kruess_james_timm_thaler_oder_das_verkau fte_lachen(1) (857789), страница 27
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Und ich ahne, was fürein Angebot van der Tholen Ihnen gemacht hat.“Diesmal verschluckte Timm sich am Tee. War denn Lefuet einGedankenleser?Aber die Erklärung für die Weisheit des Barons war vieleinfacher. Er selbst sagte es dem Jungen: „Jeder Diener in diesemSchloß ist zugleich mein Detektiv. Haben Sie nicht bemerkt, HerrThaler, daß auf Ihrem Schreibtisch ein neues Löschblatt liegt?“„Nein!“„Nun, auf solche Kleinigkeiten sollten Sie achten! Wenn man dasalte Löschblatt vor einen Spiegel hält, kann man Ihren Vertrag mitMister Penny ziemlich deutlich lesen.“In diesem Augenblick wußte Timm, daß er dem Baron, wasGeschäfte anging, niemals gewachsen sein würde. Die Pläne derNacht lösten sich auf wie der Dampf aus der Teetasse. Der Jungehatte eine Runde im Kampf um sein Lachen verloren.„Werden Sie gegen Selek Bei und Mister Penny etwasunternehmen, Baron?“Wieder lachte Lefuet und sagte: „Nein, mein Lieber! Es genügtmir, unterrichtet zu sein. Natürlich hat es mich geärgert, als icherfuhr, was die beiden taten oder vorhatten.
Aber um Ärgernisseleicht zu nehmen, dafür steht mir glücklicherweise Ihr Lachen zurVerfügung. Es erleichtert und befreit mich. Sie sehen, Herr Thaler,daß ich es zu nützlichen Zwecken verwende.“„Sie scheinen alles in Ihrem Leben nur für nützliche Zwecke zuverwenden, Baron.“„Mit zwei Ausnahmen, Herr Thaler: Mein Interesse für Bilder istzwecklos und ebenso mein Interesse für Religi… Nein“, unterbracher sich selbst. „Auch mein Interesse für Religion hat einen Zweck.“Timm lenkte schnell von diesem Gespräch ab; denn er hattekeinen passenden Kronleuchter zur Hand. Er fragte: „Was ist mitdem Vertrag, den ich mit Mister Penny abgeschlossen habe?“„Nun, Herr Thaler, ob Mister Penny die Stimm-Aktien bekommt,hängt davon ab, ob Sie mit einundzwanzig Jahren tatsächlich meingesamtes Erbe samt Stimm-Aktien antreten. Der übrige Teil desVertrages ist selbstverständlich gültig. Heute in einem Jahr werdendie meisten Aktien unserer Reederei in Hamburg Ihnen gehören.
Siemöchten wohl Herrn Rickert wieder in Amt und Würden einsetzen?“„Ja“, sagte Timm, ohne zu zögern.„Nun, hoffentlich ist er nächstes Jahr noch gesund und munter.“Die letzte Bemerkung, die Lefuet ziemlich beiläufig gesprochenhatte, erschreckte den Jungen. Der Baron war ohne Zweifel zu allemfähig, auch dazu, Herrn Rickert auf irgendeine Weise umzubringen.Also mußte Timm so tun, als liege ihm gar nicht viel an HerrnRickert. Deshalb sagte er: „Es tat mir leid, daß Herr Rickert wegenunseres kleinen Telefongesprächs seine Stellung verlor. Deshalbmachte ich das Geschäft mit Mister Penny.“Lefuet goß sich aus einer kleinen Kristallkaraffe Rum in den Teeund fragte: „Auch einen Schuß?“Timm nickte, der Baron bediente ihn und sagte dann: „Ich macheIhnen einen Vorschlag, Herr Thaler. Nehmen Sie ein Jahr langkeinerlei Verbindung mit Herrn Rickert oder Ihren anderen Freundenin Hamburg auf; dann sorge ich dafür, daß Ihnen in einem Jahr dieHamburger Reederei-Aktien wirklich gehören.
Einverstanden?“„Ja“, sagte Timm nach kurzem Überlegen. „Einverstanden!“Er dachte bei sich: „Ein Jahr ohne Lachen ist lang, aber ein Lebenohne Lachen ist unerträglich. Ich muß dieses Jahr durchstehen. Anseinem Ende werde ich vielleicht wissen, wie ich den Baronübertölpeln kann. Als Geschäftsmann kann ich ihm nichtbeikommen; aber vielleicht komme ich dem privaten Baron Lefuetauf die Schliche.“Als ob er Timms Gedanken erraten habe, sagte Lefuet nun: „Ichschlage Ihnen vor, Herr Thaler, daß wir dieses Jahr für eineWeltreise benutzen, die wir gemeinsam und privat unternehmen.
Ichschenke Ihnen diese Weltreise zum Geburtstag. Übrigensnachträglich meinen herzlichen Glückwunsch!“ Ein kullerndesLachen und der Druck einer sehr kühlen Hand.„Danke sehr“, sagte Timm. Dann trank er einen Schluck heißenTee.„Wissen Sie, daß Sie soeben den Rum des Steuermanns Jonnygetrunken haben, Herr Thaler?“„Wie bitte?“„Sie haben in Genua die zwei Flaschen Rum vergessen, die Sievom Steuermann gewonnen haben. Man brachte sie ins Hotel, undich ließ sie hierherschaffen, damit Sie auch tatsächlich in den Genußder gewonnenen Wetten kämen.
In Kleinigkeiten bin ich genau.“Timm sagte darauf nichts. Er wiederholte in Gedanken wiedereinmal Jonnys Spruch:„Lehre mich lachen; rette meine Seele, Steuermann!“Lefuet unterbrach die Gedanken des Jungen: „Kommen wir zumGeschäft, Herr Thaler! Sprechen wir von Margarine.“„Gut, Baron, kommen wir zum Geschäft!“Sechsundzwanzigster BogenMargarineDer Baron war aufgestanden und ging – die Hände auf dem Rücken– im Pavillon auf und ab. Er hielt dabei eine kleine Rede.„Sie wissen, Herr Thaler, daß die von uns geplante MarkenMargarine einen Namen haben muß, einen attraktiven, einprägsamenNamen, der am besten an etwas Bekanntes anknüpfen sollte. Wirhaben lange über diesen Namen beraten; denn er ist sehr wichtig. Einguter Warenname ist bares Geld.“Timm nickte.
Er begriff noch immer nicht, was das mit ihm zutun hatte. Aber er sollte es gleich erfahren.„Nach allen möglichen Vorschlägen…“ (der Baron ging weiterauf und ab) „… machte Selek Bei einen Vorschlag, den wir sofortund einstimmig als den weitaus besten akzeptierten. Selek Bei ist –das möchte ich noch bemerken – trotz seiner merkwürdigen Ideenein sehr nützlicher Mann für uns. Aber das nebenbei. Sein Vorschlagfür den Margarinenamen lautete: Timm-Thaler-Margarine.“Lefuet blieb stehen und blickte den Jungen durch die dunklenBrillengläser an, die er jetzt fast immer trug.In Timms Gesicht zeigte sich keine Veränderung.
Der Jungeschien den Vorschlag mit Gleichmut, wenn nicht sogarverständnislos aufzunehmen. Deshalb malte der Baron die Folgenaus:„Sie müssen begreifen, Herr Thaler, daß es noch nirgends auf derWelt Marken-Margarine gibt. Wenn wir schlagartig, überraschendund mit großem Angebot damit auf den Markt kommen, gelingt esuns vielleicht, den Weltmarkt für Margarine zu beherrschen. Ineinigen südamerikanischen Ländern werden wir uns sogar dasMonopol für den Margarinehandel kaufen können. Das bedeutet,Herr Thaler, daß Ihr Name von New York bis Tokio, von Stockholmbis Kapstadt in aller Munde sein wird.
Noch der kleinste Kramladenin einem abgelegenen persischen Dorf wird unter Ihrem NamenMargarine verkaufen. Und überall wird blau auf gelb das Photo eineslachenden Jungen zu sehen sein: Ihr Photo!“Jetzt war Timm ganz und gar gesammelte Aufmerksamkeit. Leisefragte er: „Wie soll ich lachen, wenn ich nicht lachen kann?“„Das ist eine zweitrangige Frage, Herr Thaler, auf die ich gleichkomme. Zunächst die Frage: Sind Sie mit dem Margarinenameneinverstanden?“Timm ließ sich Zeit mit seiner Antwort.Er hatte jetzt begriffen, warum dieser Markenname derGesellschaft so nützlich war.
Er, Timm Thaler, war der berühmtereiche Erbe, dessen Bild und Name in den Zeitungen der Welt immerwieder erschien. Sein Name würde also nicht durch die Margarinebekannt werden, sondern umgekehrt: Sein schon bekannter Namewürde der Margarine nützen.„Muß ich mich bald entscheiden, Baron?“„Noch heute, Herr Thaler! In diesem Pavillon! Obwohl dieMargarine erst in einem Jahr auf den Markt kommt, müssen diewichtigsten Entscheidungen bereits in diesen Tagen getroffenwerden. Es muß unermeßlich viel Geld in die Vorbereitungengesteckt werden. Wir spielen um einen so hohen Einsatz, daß unsereganze Gesellschaft bei einem Mißerfolg vor die Hunde gehen kann.“Timm hatte eine Hand in die Jackett-Tasche gesteckt und fühlteplötzlich den Füllfederhalter Selek Beis. Die Bemerkung Lefuets,daß die ganze Gesellschaft durch Margarine vor die Hunde gehenkönnte, klang in seinen Ohren nach.
Wollte Selek Bei mit Hilfedieses Füllfederhalters die Gesellschaft „vor die Hunde gehen“lassen? War Selek Bei sein heimlicher Verbündeter?Wie in Gedanken nahm der Junge die Füllfeder aus der Tascheund spielte damit, um sie im rechten Augenblick zur Hand zu haben.Timm konnte nicht viel verlieren, wenn eine Margarine seinenNamen trug; aber er konnte möglicherweise viel gewinnen, wennSelek Bei auf seiner Seite war. Der Junge entschloß sich, auf SelekBei zu vertrauen.„Sagen Sie den Herren, Baron, daß ich einverstanden bin!“Lefuet atmete hörbar erleichtert aus.